Satellitenbilder und GIS lösen das Rätsel eines Kahlschlags
Wichtigste Erkenntnisse
Satelliten erfassen enorme Mengen an Bilddaten und Daten zu Positionen weltweit, sodass alles vom Klimawandel bis hin zu Lieferkettenaktivitäten verfolgt werden kann. Gekoppelt mit GIS-Technologie (geographisches Informationssystem) entsteht eine umfassende Komplettumgebung für die Erfassung, Visualisierung und Analyse von Daten, die den Nutzen von Bilddaten exponentiell steigert. Dies gilt insbesondere in diesem Fall, der zeigt, wie mit Fernerkundungsdaten etwas nachgewiesen werden kann, was im Zeitverlauf an einem bestimmten Ort passiert ist.
Als United Cacao behauptet hat, sie hätten kein Land am Amazonas abgeholzt, konnte ein unerschrockener Beobachter mit Satellitenbildern und räumlichen Analysen etwas anderes belegen.
Etwa 2013 hat ein Kakao-Unternehmen große Landflächen tief im peruanischen Amazonas-Regenwald erworben. Als Fragen zur Nutzung der Flächen aufkamen, haben Sprecher*innen des Unternehmens United Cacao behauptet, dass an den Stellen, an denen 2013 Kakaoplantagen angelegt wurden, kein ursprünglicher Wald vorhanden war.
Satellitenbilder und vom Ökologen Matt Finer durchgeführte Datenanalysen haben dagegen etwas anderes bewiesen, wie im Umweltschutzmagazin Mongabay berichtet. Luftbilder der Region im Jahr 2012 zeigen eine grüne Bedeckung: Eine ausgedehnte Fläche eines alten Regenwaldbestandes mit geschlossenen Kronen, der Biodiversität fördert und Tonnen von Kohlenstoff bindet.
Ein Bild desselben Regenwaldabschnitts im August 2013 zeigt große braune Streifen und Quadrate, die aus dem Grün geschnitten wurden – mehr als 2.000 Hektar (5.000 Acres) gerodetes Land. Durch einen direkten Vergleich der Bilder wurden die Behauptungen von United Cacao, dass das Land zum Zeitpunkt des Kaufs mit sekundärer Vegetation bedeckt war, infrage gestellt.
Fragen nach der Landnutzung durch United Cacao haben zum Rücktritt des CEO und mehrerer Führungskräfte des Unternehmens geführt. Außerdem wurde die Börsennotierung des Unternehmens im Alternative Investment Market (AIM) der Börse in London eingestellt. Einige der Satellitenbilder, die Finer, der als Direktor von Monitoring of the Andean Amazon Project (MAAP) arbeitet, analysiert hat, haben bei einigen der in dieses Unterfangen verwickelten Personen zu Haftstrafen geführt.
Rechtsstreitigkeiten über die Aktivitäten von United Cacao dauern an, aber der visuelle Beweis der abrupten Transformation der Fläche lässt sich schlecht entkräften. Allgemeiner ausgedrückt: Das Nachspiel für United Cacao zeigt, warum sich Unternehmen zunehmend auf räumliche Analysen und Fernerkundung verlassen, um Abläufe in der Lieferkette und im Betrieb besser zu verstehen und um das Risiko schädigender Verfahren zu verringern. Mit Bilddaten, die von Fernerkundungsquellen erfasst wurden, werden andere Datentypen validiert, um Ergebnisse zu bestätigen, Entscheidungen mit konkreten Nachweisen zu stützen und Projektbeteiligten aussagekräftige Beweispunkte vorzulegen. Darüber hinaus bieten sie eine neue Perspektive, um thermische, multispektrale, Radar- oder LIDAR-Daten zu visualisieren und zu analysieren: Messungen, die über die menschliche Sichtlinie hinausgehen. Bilddaten sind ein nützliches Werkzeug, mit dem bei allen lagebezogenen Entscheidungen Risiken minimiert und Chancen maximiert werden können.
Der Fall von United Cacao unterstreicht die Notwendigkeit von Lieferkettentransparenz
Druck von Kunden und die Bedrohung, die der Klimawandel für die Geschäftskontinuität darstellt, sorgen dafür, dass Führungskräfte Lieferketten aufmerksamer überwachen, um Aktivitäten wie Abholzungen zu vermeiden.
Vom Modehandel zum Diamantenhandel gibt es eine neue Gewichtung von Transparenz und Rückverfolgbarkeit. Kunden machen Unternehmen für ihre Beschaffungsmethoden verantwortlich: Studien zeigen, dass 94 Prozent der Kaufenden eher zu Kundentreue neigen, wenn die Marken Lieferkettentransparenz ausüben.
Der Bedarf an einem nachhaltigen Betrieb hat bei Führungskräften wichtiger Unternehmen dazu geführt, nach innovativer Technologie zu suchen, mit der Verfahren auf Vorschriften und Kundenerwartungen abgestimmt werden können. Viele verwenden ein geographische Informationssystem (GIS) zusammen mit Satellitenbildern und anderen Fernerkundungsdaten, um diese Ziele zu erreichen. Analyst*innen und Führungskräfte nutzen GIS-Smart-Maps und -Dashboards, um Daten zu Rohmaterialien lagebezogen darzustellen und die Verknüpfungen in komplexen globalen Lieferketten zu visualisieren.
Dank künstlicher Intelligenz in Form von maschinellem Lernen ist es jetzt möglich, Bilddaten riesiger Flächen gleichzeitig zu untersuchen, schädliche Aktivitäten zu entdecken und sogar vorherzusagen, welche Gebiete besonders anfällig für Bedrohungen wie Abholzungen sind. Da immer mehr Unternehmen soziale Unternehmensverantwortung übernehmen, erweist sich die mit GIS erzeugte Location Intelligence als unentbehrlich dabei sicherzustellen, dass Führungskräfte in Unternehmen ihre Versprechen mit Maßnahmen absichern können.
Solide Daten für die ganze Wahrheit
Finer und seine Kolleg*innen haben mit einer Reihe von Datenquellen und Analysetechniken gezeigt, dass United Cacao die Öffentlichkeit über den Zustand des Gebiets am Amazonas getäuscht hat, wie im Bericht von Mongabay dargestellt. Einer der ersten Hinweise darauf, dass etwas nicht stimmen konnte, kam von Landsat-Satellitenbilder der NASA (National Aeronautics and Space Administration). Als Finer historische Landsat-Aufzeichnungen aus dem Jahr 1985 untersuchte, wurde offensichtlich, dass der fragliche Abschnitt des Waldes über Jahrzehnte praktisch unverändert geblieben ist, bis 2013 die Abholzung auf Veranlassung von United Cacao begann.
[Weitere Informationen dazu, wie GIS-Technologie mit Bilddaten der Erde einen Blick in die Vergangenheit ermöglicht, finden Sie in diesem Artikel.]
Das Team von Finer hat die Untersuchung mit einer NDVI-Analyse (normalisierter differenzierter Vegetationsindex) vertieft. Dabei wird festgestellt, wie viel Biomasse ein Gebiet aufweist. Dichte Regenwälder haben beispielsweise höhere NDVI-Werte als Buschland. Durch einen Vergleich der geschichtlichen Entwicklung der Plantage mit einem angrenzenden Abschnitt des geschützten Waldes konnte Finer zeigen, dass beide Gebiete vor 2013 die gleichen NDVI-Werte hatten. Dies war ein weiterer Beweis dafür, dass vor dem Eindringen von United Cacao in die Region ein ursprünglicher Regenwald vorhanden war. Die mithilfe von LIDAR-Daten gemessenen historischen Kohlenstoffkonzentrationen stützten diese Schlussfolgerung.
Finer und das MAAP-Team haben seitdem Satellitenbilder und GIS verwendet, um illegalen Bergbau in mehreren Ländern der Amazonas-Region zum Erliegen zu bringen.
Wachsender Bedarf an GIS-Technologie
Ohne die dramatischen Bilder und Location Intelligence, die durch Analysen von Satellitenbildern annähernd in Echtzeit aufgedeckt wurde, hätten die Behauptungen von United Cacao kaum widerlegt werden können. Es ist diese Art von Betrugssituation, die Unternehmen in vielen Branchen überzeugt hat, sich selbst mithilfe von Standortdaten und Analysen vor Betrug und schädlichen Akteuren zu schützen.
Versicherungsunternehmen verwenden GIS-Technologie beispielsweise in ähnlicher Form, um falsche Ansprüche zu untersuchen. Wenn der Inhaber einer Versicherungspolice behauptet, der Schaden am Haus wäre durch einen Sturm verursacht worden, könnten Fernerkundungsdaten belegen, dass der Schaden bereits vor dem Wetterereignis bestand oder dass der Sturm das Wohngebiet gar nicht erreicht hat.
Für Unternehmen, die Liefernetzwerke und -ketten nutzen, die aufgrund ihrer Größe allein mit dem menschlichen Auge nicht überwacht werden können, sind GIS-basierte Dashboards unerlässlich für die Entscheidungsfindung. Bunge Loders Croklaan (BLC), ein weltweit führender Veredler von Palmöl, nutzt GIS und Satellitenbilder für die Überwachung der Lieferkette. Durch das Kartografieren von Palmölmühlen und Anlagen in zahlreichen Ländern und Standorten weltweit, kann BLC nachweisen, dass die liefernden Plantagen, mit denen das Unternehmen arbeitet, nicht zur Abholzung beitragen.
Durch die aktuellen Herausforderungen der globalisierten Wirtschaft und des Klimas müssen wir uns alle für den Schutz natürlicher Ressourcen wie des Amazonas einsetzen. Sogar Unternehmen, die sich in erster Linie für ihren Reingewinn interessieren, realisieren zunehmend, dass ein nicht nachhaltiger Umgang mit Ressourcen letztlich den Stillstand des Betriebs bedeuten kann. Transparenz der weltweiten Lieferketten mithilfe von datenbasierter Technologie wie GIS kann zur Entstehung eines resilienteren globalen Marktes führen.
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